Cope, 1869
Klassifizierung: Tylosaurinae
Ernährung: piscivor
Bedeutung des Namen: Knollen-Echse
Der Tylosaurus war eine der faszinierendsten ausgestorbenen Meeressaurierarten, die während der späten Kreidezeit, vor etwa 85 bis 66 Millionen Jahren, die Ozeane beherrschte. Er gehört zur Familie der Mosasauridae, einer Gruppe von marinen Reptilien, die eng mit heutigen Schlangen und Echsen verwant sind. Der Name Tylosaurus leitet sich aus dem Griechischen ab und bedeutet in etwa „Knollen-Echse“, was auf die charakteristische Form seines Schädels hinweist. Im Folgenden wird eine ausführliche Beschreibung des Tylosaurus gegeben, die seine Anatomie, Lebensweise, Verbreitung, Ernährung und Bedeutung in der Paläontologie abdeckt.
• Entdeckung
Die Entdeckung des Tylosaurus geht auf die „Knochenkriege“ zurück, einer erbitterten Rivalität zwischen den Paläontologen Edward Drinker Cope und Othniel Charles Marsh gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Die Namensgeschichte des Tylosaurus ist recht unübersichtlich und verwirrend.
Das erste Exemplar eines Schädels und Wirbels, das 1868 in Kansas entdeckt wurde, erhielt von Cope den Namen Macrosaurus proriger. Etwa ein Jahr später ordnete Cope das Material Liodon zu. Marsh beschrieb 1872 ein vollständigeres Exemplar, doch sein Name Rhinosaurus war bereits verwendet worden, und auch der Ersatzname Rhamposaurus war ebenfalls für ein anderes Tier in Gebrauch.
Beide vorgeschlagenen Namen bezogen sich auf die kräftige Schnauze, was sich in der endgültigen Bezeichnung Tylosaurus (Knopfechse) widerspiegelt. Dieser Name umfasste alle seine Exemplare sowie das von Cope benannte Material, wodurch die Typusart T. proriger entstand.
• Anatomie und Erscheinungsbild
Größe und Körperbau
Tylosaurus war ein riesiges Meeresreptil, das zu den größten Mosasauriern gehörte. Je nach Art und Individuum konnte er eine Länge von 10 bis 15 Metern erreichen, wobei einige Schätzungen sogar bis zu 18 Meter gehen. Sein Körper war stromlinienförmig und perfekt an ein Leben im Wasser angepasst. Er besaß einen langen, muskulösen Schwanz, der seitlich abgeflacht war und für den Antrieb im Wasser verantwortlich war. Seine Bewegungen ähnelten vermutlich denen moderner Meeresschlangen oder Haie, wobei der Schwanz in wellenförmigen Bewegungen durch das Wasser peitschte.
Kopf und Gebiss
Der Schädel des Tylosaurus war groß, kräftig und mit einem massiven Kiefer ausgestattet, der mit konischen, scharfen Zähnen besetzt war. Diese Zähne waren ideal, um rutschige Beute wie Fische oder andere Meerestiere zu greifen und festzuhalten. Im Gegensatz zu vielen anderen Mosasauriern hatte der Tylosaurus zusätzliche Zähne am Gaumen (Pterygoidezähne), die halfen, die Beute zu fixieren und nach hinten in den Schlund zu befördern. Der Schädel war außerdem leicht verlängert und endete in einer spitzen Schnauze, die möglicherweise zur Reduzierung des Wasserwiderstands beitrug.
Gliedmaßen und Flossen
Die vier Gliedmaßen des Tylosaurus waren zu flossenartigen Paddeln umgebildet, die ihm halfen, präzise zu manövrieren und zu steuern. Diese Flossen waren jedoch nicht der Hauptantrieb, sondern dienten eher zur Stabilisierung und Feinjustierung der Bewegungen im Wasser. Die Knochenstruktur der Flossen zeigt eine hohe Anpassung an das aquatische Leben, mit verkürzten und abgeflachten Knochen, die durch Haut und Bindegewebe verbunden waren.
Haut und Färbung
Da keine direkten Fossilien von Haut erhalten sind, basieren Rekonstruktionen auf Vergleichen mit anderen Mosasauriern und modernen Meerestieren. Es wird vermutet, dass die Haut des Tylosaurus glatt oder leicht schuppig war, ähnlich wie bei heutigen Meeresschlangen. Die Färbung ist spekulativ, aber eine dunkle Oberseite (zur Tarnung von oben) und eine hellere Unterseite (zur Tarnung von unten) sind wahrscheinlich, da dies ein häufiges Muster bei marinen Raubtieren ist.
• Lebensraum und Verbreitung
Tylosaurus lebte in den warmen, flachen Meeren der späten Kreidezeit, insbesondere im sogenannten Western Interior Seaway, einem riesigen Binnenmeer, das Nordamerika in zwei Teile teilte und sich von der Golfküste bis zum heutigen Kanada erstreckte. Fossilien von Tylosaurus wurden vor allem in den heutigen USA (Kansas, Texas, Alabama) und Kanada gefunden, was auf eine weite Verbreitung in diesem Meeresgebiet hinweist. Es ist jedoch auch möglich, dass er in anderen Ozeanen der Welt vorkam, da Mosasaurier global verbreitet waren. Die Meere, in denen Tylosaurus schwamm, waren reich an Leben, mit einer Vielzahl von Fischen, Ammoniten, Meeresschildkröten, Plesiosauriern und anderen Mosasauriern. Die Wassertemperaturen waren vermutlich warm, was ideale Bedingungen für einen ektothermen (kaltblütigen) Räuber wie Tylosaurus bot.
• Ernährung und Jagdverhalten
Tylosaurus war ein Prädator, der nur wenige natürliche Feinde hatte. Seine Größe, Stärke und Schnelligkeit machten ihn zu einem gefürchteten Jäger. Fossilfunde, einschließlich Mageninhalten und Bissspuren auf anderen Fossilien, zeigen, dass Tylosaurus eine breite Palette von Beutetieren jagte.
Jagdtechnik
Tylosaurus war vermutlich ein Lauerjäger, der sich seiner Beute mit schnellen, überraschenden Angriffen näherte. Seine stromlinienförmige Gestalt und kräftige Muskulatur ermöglichten explosive Geschwindigkeitsschübe. Einmal ergriffen, wurde die Beute mit den kräftigen Kiefern und Zähnen festgehalten und durch Schütteln oder Drehen des Körpers zerrissen. Die Gaumenzähne halfen dabei, große Beutestücke zu schlucken, ähnlich wie bei modernen Schlangen.
Interessanterweise gibt es Fossilien, die darauf hindeuten, dass Tylosaurus auch Kannibalismus betrieb, da Bissspuren von Tylosaurus auf anderen Mosasaurierfossilien gefunden wurden.
• Fortpflanzung und Lebenszyklus
Wie andere Mosasaurier war Tylosaurus vivipar (lebendgebärend), was bedeutet, dass die Jungtiere voll entwickelt im Wasser geboren wurden, anstatt Eier zu legen. Dies ist eine Anpassung an das Leben im Ozean, da es keine Möglichkeit gab, Eier an Land abzulegen. Fossilien von Mosasauriern, die Embryonen enthalten, stützen diese Theorie.
Über das Verhalten von Tylosaurus-Jungtieren ist wenig bekannt. Es wird angenommen, dass die Jungtiere bereits bei der Geburt relativ groß und schwimmfähig waren, aber wahrscheinlich anfälliger für Raubtiere waren als die Erwachsenen. Sie könnten in flacheren Gewässern oder in der Nähe von Korallenriffen gelebt haben, wo sie kleinere Beutetiere jagten, bevor sie in tiefere Gewässer zogen.
• Paläontologische Entdeckung und Arten
Tylosaurus wurde erstmals im 19. Jahrhundert beschrieben, basierend durch Fossilien, die in den Kalksteinformationen der Niobrara-Formation in Kansas gefunden wurden. Seitdem wurden mehrere Arten identifiziert, darunter:
Tylisaurus proriger: Die bekannteste und am häufigsten gefundene Art, die in Nordamerika verbreitet war.
Tylisaurus pembinensis: Eine etwas kleinere Art, die in Kanada entdeckt wurde.
Tylisaurus nepaeolicus: Eine frühere Art, die etwas kleiner war als T. proriger.
Fossilien von Tylosaurus sind besonders gut erhalten, da die Niobrara-Formation anaerobe Bedingungen bot, die die Zersetzung der Kadaver verlangsamten. Diese Funde umfassen fast komplette Skelette, Schädel und sogar Weichteileindrücke.
• Bedeutung in der Paläontologie
Der Tylosaurus ist ein Schlüsselorganismus für das Verständnis der Ökosysteme der späten Kreidezeit. Als Spitzenraubtier liefert er Einblicke in die Nahrungsketten und die Dynamik der marinen Umwelt. Seine enge Verwandtschaft mit modernen Echsen und Schlangen macht ihn zu einem wichtigen Studienobjekt für die Evolution der Squamata (Schuppenkriechtiere).
Darüber hinaus hat Tylosaurus auch in der Popkultur einen Platz gefunden, etwa in Filmen wie Jurassic World, wo Mosasaurier als spektakuläre Meeresmonster dargestellt werden. Obwohl diese Darstellungen oft ungenau sind (z. B. übertriebene Größen), haben sie das öffentliche Interesse an diesen faszinierenden Tieren geweckt.
• Zusammenfassung
Tylosaurus war ein beeindruckendes Meeresreptil, das die Ozeane der späten Kreidezeit dominierte. Mit seiner Größe, Kraft und Anpassungsfähigkeit war er ein Apex-Prädator, der eine Vielzahl von Beutetieren jagte. Sein stromlinienförmiger Körper, kräftiger Schädel und flossenartige Gliedmaßen machten ihn zu einem effizienten Jäger im offenen Wasser. Fossilfunde, insbesondere aus dem Western Interior Seaway, bieten wertvolle Einblicke in seine Biologie und die Welt, in der er lebte. Als ikonisches Symbol der prähistorischen Meere bleibt der Tylosaurus ein faszinierendes Studienobjekt für Wissenschaftler und ein Quell der Begeisterung für die Öffentlichkeit.
Länge: 14 m
Holotyp: MCZ 4374
Fundort: Niobrara Formation, Monument Rocks, Fort Hays, Hayden, Kansas, USA

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Bild ist gemeinfrei

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Weitere Informationen
A New Hypothesis of the Phylogenetic Relationships of the Tylosaurinae (Squamata: Mosasauroidea)/ Paulina Jiménez-Huidobro, Michael W. Caldwell, 2019 / Frontiers in Earth Science, Volume 7, ISSN=2296-6463 /
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Grafiken und Illustrationen von Raul Lunia